Was ist Gaslighting? Wie kannst Du Gaslighting erkennen und aussteigen?
Darauf gehen wir in diesem Artikel ein, der Dir auch einen Einblick ins Buch Exit Gaslighting gewährt.
Was ist Gaslighting?
Der Begriff Gaslighting entstand – im Gegensatz zu den meisten psychologischen Phänomenen – nicht durch klinische Beobachtung und Definition, sondern wurde aus einem Theaterstück des britischen Autoren Patrick Hamilton (Originaltitel: „Gas Light“) übernommen. Ingrid Bergmann erhielt für die weibliche Hauptrolle in der wirklich sehenswerten Hollywood-Verfilmung „Das Haus der Lady Alquist“ aus dem Jahre 1944 einen Oskar.
Im Film hat es der von Charles Boyer gespielte, männliche Protagonist (Gregory) auf die Juwelen seiner ahnungslosen Frau abgesehen. Dieses eigennützige Ziel bestimmt sein gesamtes, durchweg strategisches Verhalten.
Nachdem er ihr den Hof gemacht hat, verbringt das Paar eine romantische Honeymoon-Phase. Sie heiraten und er überzeugt seine Frau (Paula), in das von ihrer Tante geerbte Haus in London einzuziehen, wo sich die Juwelen der verstorbenen Tante befinden. Paula ahnt von alledem nichts.
Gregory´s Bemühen dreht sich ausschließlich darum, seine Frau psychisch so zu deformieren, dass sie dem Wahnsinn anheim fällt und sich schließlich freiwillig in Behandlung begibt. Sein Ziel: Freie Bahn im Haus zu haben, um ungestört nach den Juwelen zu suchen.
Folgen wir der Definition der wahren Quelle dieses Begriffs (dem Film) konsequent, dann würde Gaslighting im realen Leben kaum vorkommen.
Es mag zwar durchaus einige Ehemänner und -frauen geben, die Gaslighting einsetzen, um ihre bessere Hälfte psychisch zugrunde zu richten und sie materiell zu übervorteilen, doch sie dürften eher die Ausnahme bilden.
Zudem lässt sich in den wenigsten Fällen eine so klare und egozentrische Absicht nachweisen. Allenfalls werden derartige Absichten vermutet oder unterstellt, was die Frage aufwirft, inwiefern Projektionen hierbei eine Rolle spielen könnten. In den wenigsten Fällen lassen sich Beweise für eine solch klare Absicht finden, wie wir sie im Film vorfinden. Und das ist ein Problem.
Das originäre Begriffsverständnis von Gaslighting meint ein eindeutiges, manipulatives Verhalten, das psychische Gewalt beinhaltet und bewusst absichtsvoll eingesetzt wird, um ein bestimmtes, eigennütziges Ziel zu erreichen.
Und diese Fälle gibt es durchaus! Derartige Beziehungen fügen Betroffenen das schwerste Leid zu und verursachen die meisten Ängste. Eine solche Erfahrung hinterlässt den Nachklang eines tiefsitzenden Schocks und existentieller Verwirrung. Das komplette Menschen- und Weltbild kann seinem Urgrund erschüttert werden. Auch lange Zeit nach einer solchen Begegnung können Betroffene unter einem generellen Misstrauen gegenüber Menschen leiden. Die einfachsten Äußerungen können diese Menschen sofort in Alarmbereitschaft versetzen, an Manipulation denken lassen und in den Rückzug treiben (z.B. wenn ein Freund sagt: „Du siehst heute krank aus…“). Doch es gibt auch jene Betroffenen von Gaslighting (= Empfänger), die beim Initiator von Gaslighting (= Sender) weder Bewusstsein, noch eine böse Absicht feststellen oder erkennen können. Diese Fälle gibt es auch.
In meinem Buch Exit Gaslighting erarbeiten wir eine neue, allgemeinere und verständlichere Definition von Gaslighting. Mit dieser können die übergeordneten Prozesse von Gaslighting sichtbar gemacht werden und ein Ausstieg kann gelingen. Viele Betroffene verfangen sich in den Mikroprozessen: Dem klein-klein und den Details. Sie verlieren den Kontakt zu sich selbst und verstehen nicht, was mit ihnen geschieht. In ihrer Verunsicherung finden sie keinen Ausweg mehr aus dem Verwirrspiel von Gaslighting. Daher bezieht sich das Buch auch auf die Makroprozesse – denn auf dieser Ebene des Gesamtüberblicks befinden sich die Türen für den Exit aus Gaslighting!
Solange Du im Verwirrspiel von Gaslighting festhängst, bist Du nicht in Deiner Kraft. So viele Menschen verlieren im Gaslighting-Universum ihre Lebensfreude und verbringen ihr Leben in Anspannung und Angst. Das Buch Exit Gaslighting möchte all den Betroffenen helfen, ihr Leben wieder aktiv und selbstbestimmt zu gestalten.
Wie kannst Du Gaslighting erkennen?
Von Gaslighting Betroffene können durchaus etwas tun, um das destruktive Spiel der psychischen Manipulation ihrer Wahrnehmung zu verlassen. Der erste Schritt besteht darin, Gaslighting als solches zu erkennen. Genau für diesen ersten Schritt stelle ich Dir in diesem Artikel einen Auszug aus meinem Buch vor. Wir betrachten dazu das Bild einer Realität, die ein Sender von Gaslighting vermitteln und durchsetzen will. Es geht also darum, was er/sie Dich Glauben machen möchte. Dieses Bild der Realität, das ein Sender durchzusetzen versucht, bezeichne ich als Alternativrealität. Ein konstruiertes Geflecht an modifizierten Aussagen und Informationen über die Realität, das seinen/ihren Zwecken dient. Die Alternativrealität (= AR) ist typisch für Gaslighting und besitzt Eigenschaften, anhand derer wir Gaslighting klar identifizieren können (Ein Video zur AR von Gaslighting findest Du hier). Es geht also darum, wie man Gaslighting erkennen kann.
Acht Indikatoren einer Alternativrealität bei Gaslighting
Die nachfolgenden acht Charakteristika einer Alternativrealität (Buchauszug) sollen Dir eine Antwort liefern, wie Du Gaslighting erkennen und auf Abstand zur sogenannten Alternativrealität eines Senders gehen kannst.
1. Anspruch auf absolute Gültigkeit der subjektiven Darstellung. Abweichenden Wahrnehmungen wird die Plausibilität und Daseinsberechtigung abgesprochen!
Wenn ein Sender stur und unnachgiebig darauf besteht, mit seiner Darstellung der Realität Recht zu haben und Deine Sicht der Dinge nicht stehen lassen kann, liegt dieser Indikator (und damit Gaslighting) sehr wahrscheinlich vor.
Falls der Sender dazu noch Gründe aufführt, weshalb seine Sicht „richtig“ und Deine, von seiner AR abweichende Wahrnehmung „falsch“ ist (Zitation Autoren, Wissenschaftler etc.), diese abwertet, ins Lächerliche zieht, sie mit Argumenten vom Tisch fegen will oder sie komplett ignoriert, kannst Du Dir ziemlich sicher sein, dass Dir hier eine AR übergestülpt werden soll.
2. Der Sender erhebt sich selbstverständlich zum urteilenden Richter über „richtig und falsch“. Die Augenhöhe wird aufgehoben.
Der Sender beansprucht in der AR auf der Beziehungsebene die Richterinstanz. Dadurch wird er zum Urteilenden darüber, was generell „richtig“ und „falsch“ ist. Das geschieht meist weniger offensichtlich und schleichend. In einer natürlich wirkenden Selbstverständlichkeit tritt der Sender als Urteilender auf. Je häufiger der Empfänger (unbewusst) diese Urteile akzeptiert, umso mehr wächst die Befehlsgewalt des Senders auf der Beziehungsebene.
3. Als urteilender Richter deutet der Sender seine subjektiv verzerrte und unvollständige AR in allgemeingültige Fakten um, während unpassende Tatsachen als subjektive Eindrücke bezeichnet werden.
In der AR findet eine Verwirrung von Fakten und subjektiver Wahrnehmung statt. Der Sender hat (vom Empfänger unbemerkt) die Richterinstanz eingenommen. Weil der Sender nun darüber entscheidet, was Fakt ist und was nicht, schreibt der sendende Richter die Realität allmählich zu seiner Alternativrealität um. Die subjektiv verzerrten Wahrnehmungen des Senders werden zu unumstößlichen Tatsachen. So verschiebt sich das Machtgefälle bei Gaslighting immer mehr zum Sender. Nimmt ein Empfänger Fakten wahr (z.B. eine Abwertung), wird behauptet, das liege an seiner subjektiv verzerrten Wahrnehmung. Ich glaube, Du verstehst, oder?
Sender wirken in ihren Darstellungen sehr glaubwürdig. Mit innbrünstiger Überzeugung machen sie dem Empfänger klar, „was Fakt ist!“.
4. Um gegen die AR sprechende Tatsachen und Wahrnehmungsaspekte zu entkräften, konfrontiert der Sender den Empfänger mit Regeln oder allgemein anerkannten Aussagen (z.B. „Wahrnehmung ist subjektiv“). Gleichzeitig nimmt sich der Sender von diesen Regeln aus. Sie gelten für den Empfänger, nicht für ihn selbst (= Einseitige Regeln).
Dieser Indikator ist sehr wichtig! Sender predigen oft Regeln und machen den Empfänger auf Fakten aufmerksam, die dann auf wundersame Weise für sie selbst aber nicht gelten. Hier können auch Aussagen von Prominenten, Philosophen, Politikern, Wissenschaftlern oder Autoren usw. zitiert werden, die gemeinhin als anerkannt gelten. Der Sender bettet diese Aussagen immer nur so in den Kontext ein, dass sie seiner Argumentation dienen. Mitunter werden diese Aussagen aus dem vorherigen Zusammenhang gerissen und als „Beweis“ angeführt. Hier ist achtsame Beobachtung angezeigt!
Fakten, Regeln, zitierte Aussagen und allerlei moralische Leitlinien werden vom Sender so genutzt, dass sie die Wahrnehmung oder das Anliegen des Empfängers entkräften oder seine Macht– und Richterposition stärken.
5. In der AR werden Details, Ursachen und Zusammenhänge modifiziert. Der Sender greift Elemente der Realität heraus, behauptet dann abweichende Verflechtungen und Gründe. Reale Zusammenhänge werden durchtrennt und neu verknüpft. So entsteht die AR, die inhaltlich starke Überschneidungen mit der Wahrnehmung des Empfängers aufweisen kann.
Einer der Gründe, weshalb so vielen Menschen das Erkennen von Gaslighting so schwer fällt, sind die zahlreichen, inhaltlichen Übereinstimmungen zwischen ihrer eigenen Realitätswahrnehmung und der AR. Eine AR besteht selten allein aus Mikrozuschreibungen („Du bist unsicher!“). Vielmehr sind es modifizierte Zusammenhänge, Ursachen und Details, die vom Sender zu seinem Vorteil so verändert werden, dass die AR für den Empfänger zu einer maßgeblichen und leidvollen Verzerrung der Realität wird.
Stell Dir vor, Du fühlst Dich unsicher und ein vertrauter Mensch benennt das. Du wirst (zumindest innerlich) zustimmen und nicht widersprechen. Stell Dir weiter vor, Du bist in einem gelassenen Moment mit Freunden heiter, offen und fröhlich (von Unsicherheit keine Spur). Die vertraute Person benennt auch das und Du wirst es nicht abstreiten. Wozu auch? Du stimmst (zumindest innerlich) erneut zu.
Rein rechnerisch stimmst Du diesen beiden Aussagen zu.
Dann behauptet diese Person auf einmal, Du würdest Dich heiter, offen und fröhlich zeigen, weil Du zutiefst verunsichert bist.
Ein realer Zusammenhang wird durchtrennt, denn Du bist heiter, offen und fröhlich, weil Du gelassen bist. In der AR wird ein neuer Zusammenhang hergestellt. Der neue Zusammenhang verknüpft Deine offene Fröhlichkeit mit Deiner Unsicherheit.
Dieser Indikator zeichnet sich dadurch aus, dass zwei Dinge miteinander verknüpft werden, obwohl sie (in diesem Moment) nichts miteinander zu tun haben.
Selbst wenn wir eine gewisse Unsicherheit in uns tragen, muss diese nicht immer ursächlich für unser Verhalten sein! Empfängern ist dieser Mechanismus selten bewusst und genau deswegen werden sie unsicher und beginnen, die Aussagen des Senders zumindest in Erwägung zu ziehen.
6. Durch das „Schaffen neuer Fakten“ festigt der Sender seine AR. Bloße Behauptungen werden als Tatsachen dargestellt, die Realität so manipuliert, dass sie die AR des Senders zu beweisen scheint (Dinge verschwinden, Inszenierungen, Triangulation, Stellvertreter).
Sender schaffen neue Fakten, indem sie Elemente aus Situationen herauspicken, diese selektiv überbetonen (ein Mikroprozess) und eine neue Verknüpfung oder Ursache behaupten. So wird der Empfänger immer wieder in Kontakt mit der AR gebracht und zur Auseinandersetzung mit ihr verführt.
Die konkrete Manipulation der Realität kommt meiner Ansicht nach nur bei Intentionalem Gaslighting vor (volles Bewusstsein, gezielte Absicht) und entspricht damit der Stufe 3 des Stufenmodells (wird im Buch erklärt).
Dann können z.B. Gegenstände entfernt und andernorts platziert werden, um den Empfänger als vergesslich oder dumm dastehen zu lassen. Der Ehemann einer Klientin, legte z.B. die von ihr ausgesuchten Pizzen aus dem Einkaufswagen zurück ins Tiefkühlfach und behauptete, sie habe noch keine Pizzen ausgewählt!
Auch Vertauschungen sind möglich (eine Tüte Milch im Kühlschrank wird durch eine Flasche Wein ersetzt). Sender können auch Vorgänge initiieren (z.B. eine Zeitschrift abonnieren), für die dann der Empfänger verantwortlich gemacht wird.
Die Manipulation der Realität kann zahlreiche Formen annehmen. Durch Konfrontation mit den geschaffenen Fakten werden Zweifel und weitere Verwirrung beim Empfänger geschaffen, die Machtposition des Senders gestärkt.
Auf Empfängerseite kann das Vertrauen in die eigene Realitätswahrnehmung nachhaltig Schaden nehmen. Im Gegensatz zu verbalen Äußerungen, bewirkt die konkrete Manipulation der Realität plötzlich einen fass- und sichtbaren Beweis, der die AR des Senders scheinbar faktisch bestätigt.
Unbewusste Empfänger, die bis dahin noch Widerstand gegen die Darstellung des Senders und seine AR geleistet haben, sind oft so schockiert, verunsichert und beschämt, dass jegliches Aufbegehren und Selbstvertrauen verebbt.
Besonders gravierend wirkt sich das Schaffen von Fakten aus, wenn Dritte diesen Beweis bezeugen können und mitbekommen, wie die AR des Senders sich zu bestätigen scheint.
7. Die AR und das Verhalten des Senders halten den Empfänger über erzeugte Verwirrung und Leid beschäftigt. Widersprüche zur eigenen Wahrnehmung verführen Empfänger zu einer permanenten Auseinandersetzung mit der AR.
Die bis hier beschriebenen Indikatoren der AR und die Mikroprozesse des Senders hinterlassen beim Empfänger Verwirrung, Verunsicherung und ein enorm unangenehmes Gefühl. In dem Zusammenhang spreche ich gerne von den Nebelraketen der Mikroprozesse, die beim Empfänger eine Nebelwand hinterlassen. Die komplexen Zusammenhänge werden in diesem Nebel nicht erkannt und können auch nicht benannt werden. Oft bleibt beim Empfänger nur das diffuse Gefühl zurück, dass etwas nicht zusammenpasst. Psychologen bezeichnen diesen Zustand als Dissonanz. Und Dissonanz mögen wir Menschen überhaupt nicht! Wir haben das natürliche Bedürfnis, Dissonanzen aufzulösen, denn sie verursachen Stress und Anspannung.
Auf der Suche nach Antworten auf diese Unstimmigkeiten verstricken sich viele Empfänger in den Inhalten der AR. Sie reflektieren, eruieren, wägen ab. Stunden- und tagelang können sie sich mit der Frage beschäftigen, ob die Aussagen und Zusammenhänge des Senders nicht vielleicht doch stimmen könnten. Dieser Indikator liegt auf der Empfängerseite. Ich nenne ihn den Monolog der inneren Beweisführung (wird im Buch ausführlich beschrieben).
Empfänger landen in einem endlosen Selbstgespräch zweier innerer Anteile – ohne dass jemals eine zufriedenstellende, überprüfbare Klärung erreicht wird. Der Monolog der inneren Beweisführung setzt an der falschen Stelle an.
Selbstreflektion ist grundsätzlich ein wichtiges Element zur Klärung in jeder Beziehung! Bei Gaslighting trifft das aber nur bedingt zu. Während der Empfänger sich im Monolog der inneren Beweisführung mit den Details der AR beschäftigt, übersieht er immer mehr, dass der Sender Behauptungen als Fakten darstellt, Verknüpfungen generiert, über „richtig“ und „falsch“ richtet und sich einer tatsächlichen Klärung meistens entzieht. Der Empfänger verliert die Makroebene aus dem Blick.
Je nachdem, ob Empfänger gerade ihrer eigenen Wahrnehmung oder der AR des Senders Glauben schenken – erleben sie wechselweise Wut oder Selbstzweifel und Unsicherheit. Sie stecken im Monolog der inneren Beweisführung fest und erkennen nicht, dass sie sich um sich selbst drehten.
8. In der AR finden pauschale Verurteilungen statt. Direkt oder subtil werden Empfänger für emotionale Zustände (z.B. Trauer, Wut), Eigenschaften (z.B. vergesslich, anhänglich oder empfindsam), Haltungen oder Aussagen verurteilt.
Hier klebt der Sender an menschliche Eigenschaften ein verurteilenswertes Label. Sein subjektives Wertesystem wird zum Maßstab für andere Menschen. Das Subjektive wird zum Objektiven ernannt.
Adjektive dienen erst mal nur zur Beschreibung von Zuständen. Zustände, die wir alle einmal erleben. Mal sind wir wütend, traurig oder ängstlich, dann wieder fröhlich und neugierig. All das sind menschliche Eigenschaften, Zustände und Gefühle.
Was ist dabei, wenn ein Mensch mal Dinge vergisst („Du bist vergesslich!“) oder ein großes Bedürfnis nach Nähe („Du bist anhänglich!“) hat?
Was ist daran verwerflich?
In der Welt des Senders (der AR) werden diese Eigenschaften abgestempelt. Als seien sie negativ, schlimm und daher zu verurteilen. Viele Empfänger übernehmen derartige Urteile ungefragt und beginnen, sich für diese Eigenschaften zu schämen und schuldig zu fühlen. Einige Betroffene scannen permanent ihr Innenleben nach verurteilenswerten Eigenschaften ab und beginnen irgendwann sogar, sich dafür selbst zu verurteilen, zu schämen und klein zu machen.
Die Verurteilung des Senders wurde zur Selbst-Verurteilung (Der Makroprozess Auto-Gaslighting setzt ein, der Empfänger gaslightet sich selbst).
Ganz wichtig: Scham und Schuldgefühle entstehen hier nicht, weil eine Eigenschaft tatsächlich zu verurteilen wäre, sondern weil das subjektive Urteil des Senders unbewusst übernommen wurde!
Inner Work - Gaslighting erkennen und aussteigen… (Buchauszug)
Von Gaslighting Betroffene können durchaus etwas tun, um das destruktive Spiel der psychischen Manipulation ihrer Wahrnehmung zu verlassen. Der erste Schritt besteht darin, Gaslighting zu erkennen. Mit den acht Charakteristika sollte Dir das nun möglich sein. Neben zahlreichen weiteren Self-Coaching-Elementen, die im Buch Exit Gaslighting enthalten sein werden, beinhaltet das Inner Work zum Umgang mit einer Alternativrealität folgende, konkrete Schritte:
- Schließe Frieden mit Deinen unliebsamen Eigenschaften – egal, wie sehr Du sie auch verändern willst. Akzeptiere sie zuerst als das, was sie sind: Ein Teil von Dir.
- Es gibt kein „richtig“ oder „falsch“. Mach Dir immer wieder bewusst, dass Du keinen Richter akzeptieren musst.
- Verstehe, dass eine Anklage der AR immer aus Eigennutz erfolgt (Don´t take it too personal!).
- Du darfst das Urteil eines selbst ernannten Richters jederzeit ablehnen oder in Frage stellen!
- Es besteht keine Notwendigkeit für eine innere Beweisführung, noch für eine Rechtfertigung oder Entschuldigung Deiner Eigenschaften im Außen!
- Suche nicht ausschließlich in Dir nach Gründen, wenn sich etwas unstimmig anfühlt. Wechsle auf die Makroebene: „Wie wird hier gesprochen?“ (Mehr dazu im Buch).
- Prüfe, ob Selbstreflektion auf der Basis gleichberechtigter Wahrnehmungen geschieht. Reflektiert Dein Gegenüber sich auch?
- Dient Deine Reflektion der (Selbst-)Anklage, erlebst Du Schuldgefühle und unterwirfst Dich? Falls ja – Stop it!
- Beobachte, wann und weshalb Du in den Monolog der inneren Beweisführung gerätst und wechsle auf die Makroebene (siehe Buch)!
- Hinterfrage stets unausgesprochene Regeln und prüfe, ob Du sie für Dich als sinnvoll erachtest und als gültig anerkennen möchtest. Du hast immer die Wahl!
- Du bist der einzige Mensch, der sich (von Urteilen) freisprechen kann. Übe Dich darin, großzügig und milde mit Dir zu sein!
Gaslighting ist eine der perfidesten Arten, Menschen aus ihrem Gleichgewicht zu bringen. Gaslighting kann im Rahmen von narzisstischer oder emotional-instabiler Persönlichkeitsstörung vorkommen, ist aber nicht darauf beschränkt. Im Gegenteil. Gaslighting begegnet uns in zahlreichen Spielarten immer wieder in unserem Alltag. In persönlichen Beziehungen, aber auch kollektiv in Medien, Politik oder sozialen Netzwerken werden uns unumstößliche “Wahrheiten” unterbreitet. Wir dürfen aufmerken und zu unserer eigenen Wahrheit, in unsere eigene Mitte finden. Wieder und immer wieder. Dann sind wir den Stürmen gegenüber gewappnet, die im Außen toben und können uns vertrauensvoll in unserer eigenen Realitätswahrnehmung zuhause fühlen. Vor allem sensible und empathische Menschen sind hier aufgerufen, den Kontakt zu ihrer eigenen Realitätswahrnehmung zu trainieren.
Genau dafür habe ich das Buch Exit Gaslighting geschrieben und ich hoffe, dass es vielen Menschen helfen wird, wieder in ihre Kraft und Wahrheit zu finden, sie zu fühlen und zu leben.